Seit rund einem halben Jahrhundert verzeichnen Forscher eine beunruhigende Entwicklung: Die Spermienqualität von Männern sinkt – und zwar weltweit. Ob in Europa, den USA oder Asien, die Daten weisen in die gleiche Richtung: immer weniger Spermien, oft auch eine schlechtere Beweglichkeit.

Warum das so ist, darüber wird seit Jahren gestritten. Umweltgifte, zunehmender Stress und ein veränderter Lebensstil gelten als mögliche Ursachen. Nun legt eine neue Studie aus Dänemark nahe, dass der Grad der Lebensmittelverarbeitung eine gewichtige Rolle spielen könnte – und dass diese Erkenntnis weit über Zucker und Fett hinausreicht.

Gesundheit: Was „hochverarbeitete Lebensmittel“ so problematisch macht

Noch vor wenigen Jahrzehnten bewerteten Ernährungswissenschaftler die Qualität unserer Nahrung vor allem anhand einzelner Nährstoffe oder klassischer Ernährungsweisen. Heute richtet sich der Blick zunehmend auf einen anderen Faktor: den Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln. Maßstab ist dabei die international etablierte NOVA-Klassifikation. Sie teilt unsere Nahrungsmittel in vier Gruppen ein – von naturbelassenen Zutaten wie frischem Obst und Gemüse bis hin zu den sogenannten ultra-verarbeiteten Lebensmitteln.

Unter diese letzte Kategorie fallen Produkte, die industriell hergestellt und stark verändert wurden. Typische Beispiele sind Fertiggerichte, Chips, Instant-Nudeln, Softdrinks oder süße Snacks. Sie bestehen häufig nicht nur aus Grundzutaten wie Getreide, Milch oder Fleisch, sondern enthalten auch industriell verarbeitete Bestandteile – etwa modifizierte Stärken, isolierte Eiweiße, Aromen, Farbstoffe oder Emulgatoren. Verpackt in auffälligem Design, sind sie darauf ausgelegt, besonders schmackhaft, haltbar und bequem konsumierbar zu sein.

In vielen westlichen Ländern machen diese Produkte mittlerweile rund die Hälfte der täglichen Kalorienaufnahme aus – Tendenz steigend. Damit wächst auch das Interesse der Wissenschaft, welche gesundheitlichen Folgen der regelmäßige Konsum tatsächlich hat.

Studie zu hochverarbeiteten Lebensmitteln und männlicher Fruchtbarkeit

Genau an diesem Punkt setzte das Forscherteam der Universität Kopenhagen an. Um herauszufinden, wie sich stark verarbeitete Produkte auf den männlichen Stoffwechsel und die Fruchtbarkeit auswirken, luden die Wissenschaftler 43 gesunde Männer im Alter zwischen 20 und 35 Jahren in ihr Labor.

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Hochverarbeitete Lebensmittel: Auswirkungen auf Spermienqualität und Gesundheit

Die Ergebnisse der dänischen Studie fielen überraschend deutlich aus. Obwohl die Probanden in beiden Ernährungsphasen die gleiche Kalorienmenge zu sich nahmen, nahmen die Männer während der drei Wochen mit Fertiggerichten, Softdrinks und Snacks im Durchschnitt rund ein Kilogramm zusätzliches Körperfett zu. Das deutet darauf hin, dass der Organismus hochverarbeitete Lebensmittel anders verarbeitet als frische, naturbelassene Nahrung.

Doch noch gravierender waren die Veränderungen im Blut: Die Konzentration sogenannter Phthalate – chemischer Weichmacher, die häufig aus Verpackungen in Lebensmittel übergehen – stieg merklich an. Gleichzeitig fielen die Werte zweier zentraler Hormone für die Fruchtbarkeit, Testosteron und follikelstimulierendes Hormon (FSH). Auch die Beweglichkeit der Spermien nahm ab, wenn auch nicht in einem statistisch signifikanten Ausmaß. Darüber hinaus registrierten die Wissenschaftler erhöhte Entzündungsmarker und steigende Cholesterinwerte.